Erfahrungsbericht

Triggerwarnung! Wir müssen für diesen Beitrag eine Triggerwarnung aussprechen. Neben rassistischen Anfeindungen enthält dieser Erfahrungsbericht gewaltvolle und brutale Äußerungen und Erfahungen. Sie könnten dich an bereits erlebtes erinnern oder dich verstören.

---

Ich bin Sexarbeiterin. Seit über 9 Jahren arbeite ich in verschiedenen Bereichen der Branche, vor allem online, und liebeliebeliebe meinen Beruf. In über neun Jahren habe ich noch nie negative Erfahrungen gemacht - im Gegenteil, viele meiner Kunden sind mir ans Herz gewachsen und generell ist der Umgang auf der Plattform, auf der ich angemeldet bin, sehr familiär und herzlich. Umso erschütterter war ich, als ich Mitte April folgende Nachricht in meinem Postfach fand:

------------------------------------------------------
Name: Gehtdichnixanduhure
E-Mail: hurevereckdochendlich@gmx.com
Betreff: Verreck du Dreck fotze
------------------------------------------------------
Na du elende corona Dreck fotze. Wann willst du endlich verrecken? Oder soll ich dir deine schlitzaugen Fotze bis oben aufschlitzen? Das du dich nicht schämst. Abartig bist du! Einfach nur zum kotzen. Wiederlich. Ekelhaft, geh verrecken


Was muss in einem Menschen vorgehen, um einer fremden Person so eine gewaltvolle, brutale und ekelhafte Nachricht zu schicken? Der geballte Hass, der in diesen paar Zeilen steckt, raubte mir erst einmal die Luft. Ich brauchte eine Weile, um mich zu fangen. Ich habe zwar des Öfteren rassistische Anfeindungen erlebt, aber diese waren vergleichsweise eher "harmlos" - Beleidigungen auf dem Schulhof, klischeehafte Unterstellungen oder Exotifizierungen. Eine Morddrohung, die explizit an mich persönlich gerichtet ist, habe ich noch nie zuvor erhalten. Der Hass in diesen Zeilen erschüttert mich, er macht mir Angst. Er macht mir Angst - nicht, weil ich glaube, dass ich tatsächlich etwas vom Absender zu befürchten habe. Sondern weil die Nachricht eine gesellschaftliche Stimmung widerspiegelt, die gerade an vielen Orten ihre Auswirkung zeigt. Hier spricht keine Einzelperson, hier sprechen viele.


Diese Nachricht wurde anonym über das Kontaktformular auf meinem Profil an mich versendet. Ich schrieb direkt dem Webmaster, ob sich die IP-Adresse nachverfolgen lassen könnte. Leider verneinte er dies. Daher vermeide ich auch den Gang zur Polizei, da ich mich dort als Sexarbeiterin sowieso nicht sicher fühle und die Chance einer Nachverfolgung zu gering ist. Trotzdem möchte ich diese Geschichte geteilt wissen. Denn Corona-Rassismus ist real und reicht von rassistischen Witzen tatsächlich bis hin zu Morddrohungen. Wann werden aus diesen Worten Taten folgen?